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Foto: Tanja Bächlein

Gunter Gerlach

Frage: Warum Krimis?

Gunter Gerlach: Uh, was ist das, ein Krimi? Also gut, Antwort: Um Geschichten undercover zu erzählen.

Frage: Was bedeutet deutscher Krimi für Sie?

Gunter Gerlach: So wie ich, glaubt jeder, einen schreiben zu können und tut es dann auch noch.

Frage: Wer ist überschätzt?

Gunter Gerlach: Die Schlechten, natürlich.

Frage: Wer ist unterschätzt?

Gunter Gerlach: Die Guten, selbstverständlich.

Frage: Krimi – eine Literaturgattung?

Gunter Gerlach: Ich habe keine Ahnung. Ist Literatur nicht alles, was irgendwie erzählt? Die Gattung soll im Zeitalter der Faulen das Buch von selbst verkaufen, oder?

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Gunter Gerlach: Gut, dass Sie fragen, ich stehe eigentlich mehr auf Krimis, wo das nicht drauf steht oder wenn es drauf steht, ein bisschen was anderes drin ist.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Gunter Gerlach: Jemanden zu Tode erschrecken, vor Angst ersticken, Alkohol und Zigaretten, das süße Leben, Sport, Sex und das fortschreitende Altern.

Frage: Mord – muss das sein?

Gunter Gerlach: Als ich das erste Mal aus dem Gefängnis kam, sagte ich mir: nie wieder und wenn schon, dann nur im Buch.

Frage: Warum schreiben Sie?

Gunter Gerlach: Eines Tages besuchte mich ein höheres Wesen und befahl mir, zu schreiben. Das ganze war ein Missverständnis. Das höhere Wesen war die mit einem Bettlaken verkleidete Nachbarin aus dem ersten Stock und alles, was sie wollte war, dass ich ihr Liebesbriefe schreibe, stattdessen schrieb ich Romane. Ich Idiot.

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Gunter Gerlach: Diese verdammte Gegenwart macht mich wütend, sie lauert hinter jeder Häuserecke, sie regnet, steht voller roter Ampeln, nimmt einem das Geld ab, raubt einem die Geduld, schickt einen zu Arbeit und infiziert mit chronischen Depressionen. Ich bin dafür, sie abzuschaffen und habe deshalb in meinen Büchern schon mal eine Ersatzwirklichkeit erfunden, die sich jederzeit nach meinem Willen gestaltet. Und die ist ab sofort für alle verbindlich.

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Gunter Gerlach: Mit dem Schreibtisch im Herzen die Welt im Bauch oder so ähnlich.

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Gunter Gerlach: Um gemeinsam satt und betrunken zu werden, um nach ein paar Stunden wieder nüchtern und hungrig zu sein, um dann wieder gemeinsam satt und betrunken zu werden, um ...

Frage: Sex im Krimi?

Gunter Gerlach: Wie geht das?

Frage: Wenn ja, warum?

Gunter Gerlach: Es lebe die Fantasie.

Frage: Wenn nein, warum?

Gunter Gerlach: Nehmen Sie ihre schmutzigen Finger da weg!

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Gunter Gerlach: Wenn die Frauen es wollen, ja.

Frage: Für wen schreiben Sie?

Gunter Gerlach: Für Thomas S., aus P. und für Alicia M. aus H., die bis heute noch keines meiner Bücher gelesen haben.

Frage: Plotentwicklung – Ihr erster Gedanke?

Gunter Gerlach: Treffen zwei schräge Personen in Schieflage aufeinander.

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Gunter Gerlach: Notizen: Ja, wo habe ich die denn wieder hingelegt? Ideen: Immer wenn ich eine habe, kommt jemand und behauptet, sie sei geklaut.

Frage: Wo schreiben Sie?

Gunter Gerlach: Ich habe da an der Seite meines Kopfes ein kleines Türchen durch das kann ich eintreten in einen wunderbaren warmen Raum mit hübschen Mädchen. Sie halten ihre Stifte und Notizblöcke schon in der Hand und warten auf meine Worte. Und kaum sage ich etwas, hängen sie an meinen Lippen.

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Gunter Gerlach: Ja natürlich, er verwechsekt Buchtsaben, gi+bt sich eigentsändig Befehle, lässt Datieien verschwinden und macht oift überhauzoit nicht, was ich will. Wenn er das noch mal macht, schmeiße ich ihn raus.

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Gunter Gerlach: Ich bin in der Wüste aufgewachsen. Mit etwa mit 8 Jahren fand ich einen halb vergrabenen rassistischen Liebesroman für erwachsene Idioten. Es war damals mein einziges Buch. Die amerikanische Autorin hat es nicht verdient hier erwähnt zu werden.

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?
Gunter Gerlach: Kurze Werbeeinblendung: Ich schwärme zurzeit für Jean Echenoz "Die großen Blondinen" und Sven Amtsberg "Das Mädchenbuch". Lesen!

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?
Gunter Gerlach: Wird zur Dauerwerbesendung: Sven Amtsberg hat zwar noch keinen Krimi geschrieben, aber warten wir es mal ab, so lange lesen wir gemeinsam seine Kurzgeschichten. Aber bitte nur eine pro Tag.

Frage: Ihr Lieblingsfilm?
Gunter Gerlach: Die drei Typen stehen auf dem Bahnhof in der Wüste herum und langweilen sich, dann kommt der Zug, Ennio Moriccone spielt Mundharmonika und Charles Bronson steigt aus und erschießt die Kerle. "Spiel mir das Lied vom Tod". Also etwa nur die ersten 10 Minuten.

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Gunter Gerlach: Vorgestern Astra Bier, gestern billiger Rotwein, heute Wasser mit Acetylsalizylsäure.

Frage: Kochen Sie?

Gunter Gerlach: Ist es nicht so, wer kocht will gelobt werden, auch für schlechtes Essen? Also gleich weiter zur nächsten Frage.

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Gunter Gerlach: Ständig beim Italiener, Thailänder, Spanier, Portugiesen, Türken, Griechen, Inder, Mexikaner, Syrer, Chinesen ...

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Gunter Gerlach: Ich sag mal, die Unterhose, denn ohne sie fühle ich mich nackt, selbst wenn ich eine Hose darüber trage.

Frage: Fußball – ist das ein Thema für Sie?

Gunter Gerlach: Na, wie das so ist, man trifft beim Spazierengehen auf eine Blechdose und schon geht's los.

Frage: Frauen/Männer – ist das wichtig für Sie?

Gunter Gerlach: Ja. Nein. Doch. Vielleicht. Ganz bestimmt. Was sonst?

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?
Gunter Gerlach: In Hamburg wohnen, München besuchen, in Berlin mal länger sein und Leipzig nicht aus den Augen verlieren. Ach, neulich in Köln war es auch ganz nett. Und Flensburg, kennt ihr Flensburg schon? Jetzt habe ich Freiburg vergessen, da ist es toll, wenigstens im Sommer. Überhaupt: im Sommer sind die kleinen Städte schön, immer Winter kann die Stadt gar nicht groß genug sein.

Frage: Ihr Lieblingsland?

Gunter Gerlach: Hallo, Länder, die ihr hier erwähnt werden wollt. Gegen ein Honorar von monatlich 5000 Euro, lob ich euch als mein Lieblingsland aus!

Frage: Was lieben Sie?

Gunter Gerlach: Es gibt da ein paar Menschen, denen wäre es peinlich hier von mir erwähnt zu werden, doch da bin ich sicher.

Frage: Was verabscheuen Sie?

Gunter Gerlach: Dafür ist der Platz hier zu schade.

Frage: Beste Schulnote – worin?

Gunter Gerlach: Selbst bei Musik waren meine Noten krumm. Auch alle anderen waren schlecht.

Frage: Schlechteste Schulnote – worin & warum?

Gunter Gerlach: Waren alle schlecht. Ich war blöd, Schule war blöd, Leben war blöd.

Frage: Ihr Traumberuf?

Gunter Gerlach: Den habe ich doch, aber er macht mir Alpträume.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Gunter Gerlach: Ich weiß es nicht. Vor allem weil mir meine Antworten nicht gefallen. Nicht witzig, nicht intelligent genug. Lest mal, was den anderen alles eingefallen ist!


Gunter Gerlach
Gunter Gerlach wurde 1941 in Leipzig geboren. Er studierte an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, wo er auch als Künstler und Autor lebt. Gunter Gerlach ist Gründungsmitglied der Künstlergruppe "Cruizin 4 – Syndikat für Kunstbetrieb" sowie der Autorengruppe PENG. Er ist auch Mitbegründer des Hamburger Dogmas (www.hamburger-dogma.de) , das Regeln zum Schreiben von Büchern beinhaltet. Er schreibt Hörspiele, Kurzprosa und inszeniert Ausstellungen und Performances. Sein Krimidebüt erfolgte 1995 mit Kortison, in dem der allergiekranke Privatdetektiv Bartzsch zum ersten Mal auftritt. Zu der später erschienenen Die Allergie-Trilogie (Rotbuch 2000) gehören weiterhin Katzenhaar und Blütenstaub (Rotbuch 1995) sowie Neurodermitis (Rotbuch 1996). Für Kortison erhielt Gunter Gerlach 1995 den Deutschen Krimipreis. Auf den allergiekranken Bartzsch als Protagonisten folgte der sonderliche Gelegenheitseinbrecher und Schriftsteller Jakob Vogelwart (Falsche Flensburger, Rotbuch 2000; Ich lebe noch, es geht mir gut, Rotbuch 2001; Irgendwo in Hamburg, Rotbuch 2004). Gunter Gerlach schreibt auch eigenwillige Kurzgeschichten und Krimis für die Schwarzen Hefte. Herausgeber Volker Alberts charakterisiert Gerlachs Helden als Antihelden, deren Wahrnehmung der Wirklichkeit ein wenig verschoben ist, so dass die Sicht der Dinge eine andere wird. Dementsprechend folgen seine Krimis keinen schlichten Täter-Opfer-Prinzipien, sind keine klassischen whodunits (Hamburger Abendblatt, 15.10.2001). 1999 war Gunter Gerlach Krimistadtschreiber von Flensburg, 2003 erhielt er den Friedrich-Glauser Preis für die beste Kurzgeschichte sowie den Short-Story-Award der 42er Autoren e.V. Berlin.


Homepage: www.gunter-gerlach.de)

Die Krimis:
1994, Kortison. Rotbuch
1995, Katzenhaar und Blütenstaub. Rotbuch
1996, Neurodermitis. Rotbuch
1997, Loch im Kopf. Rotbuch
1998, Verdächtige Geräusche. Schwarze Hefte 6, Hamburger Abendblatt
1998, Herzensach. Haffmanns
1998, Eine böse Überraschung (Kettenroman). rororo 43296
1999, Der Hammer von Wandsbek. Schwarze Hefte 13, Hamburger Abendblatt
2000, Falsche Flensburger. Rotbuch
2000, Hamburger Verkehr. Schwarze Hefte 22, Hamburger Abendblatt
2000, Die Allergie-Triologie. Rotbuch
2000, Falsche Flensburger. Rotbuch
2001, Ich lebe noch, es geht mir gut. Rotbuch
2003, Der Haifischmann. Rotbuch
2004, Irgendwo in Hamburg. Rotbuch
2004, Bergdorfer Therapie. Schwarze Hefte 62, Hamburger Abendblatt


Die Krimikurzgeschichten:
1994, Allergien. In: Michael Koglin: Mörderisches Hamburg. Georg Simader
1996, Und der Vater schießt mit dem Luftgewehr. In: Hg. Uta Maria Heim: Bloody Mummy. rororo 1997
1998, Verdächtige Geräusche. In: Hg. Volker Albers: Sturzflug. Scherz 2000
1999, Lieber, guter Weihnachtsmann. In: Hg. Anne Enderlein, Cornelie Kister: Die Leiche hing am Tannenbaum. Ullstein
2000, Kille. In: Hg. Thea Dorn, Uta Glaubitz, Lisa Kuppler: Kaltblütige Steinböcke. Eichborn
2002, On the road: von Lippstadt nach Unna. In: Hg. H.P.Karr, Jürgen Kehrer, Heribert Knorr: Mord am Hellweg. grafit
2003, Nachbarn. In: Hg. Nadine Bath, Stephanie Kriesel: Letzte Worte. Scherz
2004, Innereien. In: Hg. Anke Cibach, u.a.: Mord ist die beste Medizin. Scherz
2004, Hochzeit in Voerde. In: Mord am Niederrhein.

Stand: 15.10.2004

© Gisela Lehmer-Kerkloh & Thomas Przybilka

Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime, bei der GVM (Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs), sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag



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