Alligatorpapiere. Druckansicht Alle Befragungen
Frage: Warum Krimis?
I. Noll: Weil ich anfangs glaubte, das sei ein leichtes Spiel. Inzwischen, weil ich Blut geleckt habe.
Frage: Was bedeutet deutscher Krimi für Sie?
I. Noll: Große Vielfalt. Falls es Krimis von Kollegen sind, die ich ganz gut kenne, ein doppeltes Vergnügen.
Frage: Wer ist überschätzt?
I. Noll: Es wäre anmaßend, darauf zu antworten.
Frage: Wer ist unterschätzt?
I. Noll: Die geschätzten Fragesteller.
Frage: Krimi – eine Literaturgattung?
I. Noll: Selbstverständlich. Vielleicht die allererste, seit sich Menschen Geschichten erzählten.
Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?
I. Noll: Nach allzu freundlichen Kindergeschichten bin ich mit wehenden Fahnen zur Welt der bösen Erwachsenen übergelaufen.
Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?
I. Noll: Jede, die schnell und effektiv wirkt. Aber wenn ich selbst die Mörderin wäre, würde ich mit einem Zielfernrohr aus weiter Ferne agieren.
Frage: Mord – muss das sein?
I. Noll: Das muss.
Frage: Warum schreiben Sie?
I. Noll: Weil es mir Spaß macht.
Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?
I. Noll: Ja, denn nur da kenne ich mich aus.
Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?
I. Noll: In vertrauter Umgebung.
Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?
I. Noll: Für mich ist das Essen eine Lust, die man zum Glück bis ins hohe Alter genießen kann, selbst wenn es zum Schluss nur noch Griesbrei mit Himbeersaft gibt. Mir ist es wichtig, dass meine Protagonisten beim Essen und Trinken gewisse Vorlieben zeigen und auch dadurch zu lebendigen Charakteren werden.
Frage: Sex im Krimi?
I. Noll: Genauso wie Essen und Trinken der Selbsterhaltung dient, ist der Fortpflanzungstrieb allen Lebewesen einprogrammiert und auch die Ursache für vielfältige Konflikte.
Frage: Wenn ja, warum?
I. Noll: Wenn meine Personen glaubhaft ausfallen sollen, gehört Sex zum menschlichen Grundmuster. Besonders der unfreiwillige Verzicht bringt Probleme, Sexualneid und Eifersucht können zum Mord führen.––
Frage: Wenn nein, warum?
I. Noll: Pornographie ist eine eigene Gattung, die meiner Meinung nach nicht in einen Krimi gehört.
Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?
I. Noll: Klingt abwertend wie Mädchenpferdebuch, und ich höre es nicht besonders gern. Allerdings gibt es Krimis, die eher von Frauen als von Männern gelesen werden und umgekehrt.
Frage: Für wen schreiben Sie?
I. Noll: Wir schreiben alle für uns selbst.
Frage: Plotentwicklung – Ihr erster Gedanke?
I. Noll: Nein, mein zweiter.
Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?
I. Noll: Eigentlich notiere ich mir nur Zahlen, weil ich sie sonst vergesse, zum Beispiel das Alter der Haupt- und Nebenpersonen. Meine Ideen tauchen an einem Faulenzertag aus Traum und Nebel auf und entwickeln sich allmählich.
Frage: Wo schreiben Sie?
I. Noll: Am liebsten in meinem Arbeitszimmer am Apple.
Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?
I. Noll: Da ich schnell und weitgehend blind tippen kann, ist der PC eine enorme Erleichterung.
Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?
I. Noll: Ich bin in China aufgewachsen, und da gab es wenig Auswahl. Wir besaßen Heidi und Robinson. Aus Solidarität entschied ich mich für Heidi.
Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?
I. Noll: Viele. Darunter "Der grüne Heinrich" und "Die Liebe in den Zeiten der Cholera".
Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?
I. Noll: Da mag ich mich nicht festlegen.
Frage: Ihr Lieblingsfilm?
I. Noll: Aus rein nostalgischen Gründen: "African Queen".
Frage: Ihr Lieblingsgetränk?
I. Noll: Frisch gepresster Orangensaft.
Frage: Kochen Sie?
I. Noll: Wie soll man drei Kinder aufziehen, ohne zu kochen? Wenn ich Zeit habe, koche ich gut und gern. Mein Mann macht mir allerdings immer mehr Konkurrenz.
Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?
I. Noll: Nicht allzu oft, aber wenn, dann am liebsten zum guten Italiener.
Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?
I. Noll: Zum Schreiben sind es meine bequemsten Lumpen. Bei Lesungen verkleide ich mich und mache auf seriöse alte Dame.
Frage: Fußball – ist das ein Thema für Sie?
I. Noll: Ich mag nur Elfmeterschießen.
Frage: Frauen/Männer – ist das wichtig für Sie?
I. Noll: Es wäre langweilig, wenn die Welt bloss aus Zwittern bestände.
Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?
I. Noll: Heidelberg, denn es liegt vor meiner Haustür.
Frage: Ihr Lieblingsland?
I. Noll: Meine alte Heimat China.
Frage: Was lieben Sie?
I. Noll: Meine Familie, meine Freunde. Urlaub, Lachen. Museen. Witz und Charme. Lesen. Essen im Garten. Monteverdi. Schwierige Kreuzworträtsel. Eichhörnchen im Garten beobachten. November. Länder rund ums Mittelmeer. Weiße Blumen. Espresso. Gedichte. Friedhöfe. Ach Gott, es gibt noch allzu viel.
Frage: Was verabscheuen Sie?
I. Noll: Folter. Arroganz. Bunte Glasbausteine. Februar. Selbstgerechtigkeit und Scheinheiligkeit. Tiefgaragen. Frieren. Musikberieselung. Vorurteile und Besserwisserei. Verspätete Züge. Milch. Unhöflichkeit. Dröhnende Bässe aus Nachbarhäusern. Tauben.
Frage: Beste Schulnote – worin?
I. Noll: Aufsatz.
Frage: Schlechteste Schulnote – worin & warum?
I. Noll: Mathe. Kein Interesse, keine Begabung.
Frage: Ihr Traumberuf?
I. Noll: Besitzerin eines Museums.
Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?
I. Noll: Das macht doch jeder Deutsche ohne zu fackeln.
Ingrid Noll
Ingrid Noll wurde 1935 als Tochter eines Arztes in Shanghai geboren. Sie wurde gemeinsam mit ihren Geschwistern von den Eltern unterrichtet. Sie verbrachte ihre Kindheit in Nanking, bis die Familie 1949 zurück nach Deutschland flüchtete. Ingrid Noll besuchte in Bad Godesberg eine Mädchenschule. Nach dem Abitur begann sie 1954 an der Universität Bonn zu studieren (Germanistik und Kunstgeschichte). 1959 heiratete sie einen Arzt. Für gut 20 Jahre war sie mit der Erziehung ihrer drei Kinder und der Mitarbeit in der Praxis ihres Mannes beschäftigt.
1991 erscheint im Diogenes Verlag ihr erster Kriminalroman "Der Hahn ist tot", der auf Anhieb ein großer Publikumserfolg wurde. Inzwischen hat Ingrid Noll insgesamt sieben Kriminalromane bei Diogenes veröffentlicht, die jeweils kurz nach Erscheinen stets in den ersten Rängen der Bestseller-Listen zu finden waren und zu finden sind. Ihre ersten (heimlichen) Schreiberfahrungen machte Ingrid Noll allerdings schon während ihrer Kindheit in Nanking. Auch Kindergeschichten gehören zum Repertoir der Autoren, so z.B. "Der Schweinepascha" (Diogenes 1996 und 2001 als Taschenbuchausgabe).
Vier ihrer Krimis wurden bisher verfilmt: "Die Apothekerin", 1997 / "Die Häupter meiner Lieben", 1999 / "Der Hahn ist tot", 1999 und "Kalt ist der Abendhauch", 2000.
1994 zeichnete die Jury der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur DAS SYNDIKAT Ingrid Noll mit dem Friedrich-Glauser-Preis – Krimipreis der Autoren für "Die Häupter meiner Lieben" aus. 2002 wurde ihr von Ministerpräsident Erwin Teufel die "Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg" verliehen.
Homepage: www.diogenes.ch (Link: Autoren)
Die Krimis:
1991, Der Hahn ist tot. Diogenes
1993, Die Häupter meiner Lieben. Diogenes
1993, Der Hahn ist tot. detebe 22575
1994, Die Apothekerin. Diogenes
1994, Die Häupter meiner Lieben. detebe 22726
1996, Die Apothekerin. detebe 22930
1996, Kalt ist der Abendhauch. Diogenes
1998, Kalt ist der Abendhauch. detebe 23023
1998, Röslein rot, Diogenes
2000, Röslein rot. detebe 23151
2001, Selige Witwen. Diogenes
2002, Selige Witwen. detebe 23341
2003, Rabenbrüder. Diogenes
Die Krimikurzgeschichten:
1997, Stich für Stich – Fünf schlimme Geschichten. Kleine detebe 70145
2000. Die Sekretärin – Drei Rachegeschcihten. Kleine detebe 70163
2004, Scharfe Zungen. Erscheint im Laufe Herbst 2004
Stand: 5. April 2004
© Gisela Lehmer-Kerkloh & Thomas Przybilka
Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
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Die Befragenden:
Gisela Lehmer-Kerkloh
rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime, bei der GVM
(Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs), sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier"
Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel.
Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag
Thomas Przybilka
verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien.
Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel.
Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
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