Krakauer Schwarze Post.
No. 4
Die Kolumne von Markus Schnabel
NEUE KRIMIS AUS POLEN
Polens 28-jährige Agatha Christie?
Die junge polnische Krimiautorin Gaja Grzegorzewska (geb. 1980) führt in Interviews gerne Christie und Chandler als Vorbilder an. Und tatsächlich, bewies sie sich mit ihrem im Vorjahr veröffentlichten Krimierstling "Zniwiarz (Der Schnitter)" als Vertreterin der Schule Agatha Christie's und des "looked room" Szenarios:
In einem kleinen Dorf wird eine reiche junge Frau aus Krakau, die kurz vor ihrer Hochzeit zwecks Sommerfrische aufs Land fährt, wird geköpft in einem Weizenfeld gefunden. Jeder Einzelne der Dorfbewohner könnte der Mörder sein. Die junge, blonde Privatdetektivin Julia Dobrowolska - man könnte sagen Grzegorzewska's Alter Ego - wird von den Eltern der Ermordeten angeheuert, stellt Ermittlungen an, arbeitet teils alleine, teils mit der örtlichen Polizei zusammen und klärt schlussendlich den Fall
auf. Durch die Grausamkeit des Verbrechens angelockt, schaltet sich auch der homosexuelle Viktor, Moderator eines erfolgreichen Ermittlungsprogramms eines polnischen Privatsenders, ins Geschehen ein und heizt damit die Spannung zusätzlich an.
Dieselben Hauptfiguren ermitteln auch in Grzegorzewska's zweiten Krimi "Noc z czwartku na niedziele (Die Nacht von Donnerstag auf Sonntag)". Diesmal werden sie in einen Krakauer Club gerufen, in dem der Schwager des Besitzers kaltblutig erstochen worden war. Julia, mit Viktor gerade in Krakau auf einer Party des Privatsenders, für den inzwischen auch sie arbeitet, wird von ihrer verzweifelten Schwester um Hilfe gerufen. War es sie doch, die gemeinsam mit der jetzigen Leiche im Club aufgetaucht war und nun zum Kreis der Verdächtigten zählt. Wenig später findet man auf der Toilette schon die nächste Leiche … und was hat mit dem allen eine unglückliche Liebesgeschichte aus dem Mittelalter zu tun?
Interessant ist die Figur der Heldin Julia Dobrowolska vor allem deswegen, weil sie ein Stereotyp bricht, dass bisher Männern vorbehalten war: sie steigt ins Bett mit wem sie will und wann sie will ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Besonders im "erz-katholischen" Polen erscheint dies gewagt.
Abgesehen von der Hauptfigur werden im neuen Buch aber besonders gut die Auswüchse des Systemumbruchs und deren Begleitumstände dargestellt: eine Gesellschaft voll zweitdeutigem, maskenhaftem Verhalten, Krakaus Nachtleben, skrupellose Frauen, Drogensumpf, …
Nach der Lektüre von Grzegorzewka's Büchern überkommt einen schnell ein Verlangen nach Mehr. Eine gute Ausgangsbasis für weitere Fortsetzungen. Hat die Autorin doch angedeutet den polnischen Markt (vielleicht auch den deutschsprachigen) mit einer Serie von bis zu 50 Romanen befriedigen zu wollen.
Les auf keinen Fall Grin, wenn du morgen in die Arbeit gehen willst!
Dies sind die auf der Umschlagvorderseite prangende Geleitworte des polnischen Publizisten, Autor und Filmproduzenten Witold Beres.
Irek Grin hat nach den Thrillern "Szerokiej drogi, Anat" (2002), "Szkarlatny habit" (2005) und der Krimierzählung "Bezpanski pies" (2005) nun mit "Pan Szatan (Herr Satan)" (2007) seinen neuesten, extrem spannungsgeladenen, Roman abgeliefert. Darin stellte er nicht
nur sein enormes Wissen rund um den Thriller und wie ein solcher geschrieben werden muss unter Beweis:
Zwei Warschauer Journalisten planen eine Reise an Orte, an denen die Existenz des Teufels nachgewiesen worden war und werden kurz vor Reiseantritt mit einem Kreuz im Rücken tot aufgefunden. Um das Rätsel zu lösen wird der Privatdetektiv und ehemalige Dominikanermönch Józef Maria Dyduch angeheuert. Soll er doch anstatt der Beiden die Reise unternehmen. Er besucht unter anderem Jerusalem, Jericho, Tel Aviv, Paris, Nantes Barcelona und Lourdes um schlussendlich in Warschau zu landen. Begleitet wird er von der Edelprostituierten Maria, der Geliebten eines der getöteten Journalisten. Geheimagenten sind Ihnen dabei auf der Spur. Und ständig hängt, einem Damoklesschwert ähnlich, die Frage in der Luft:
Gelingt es den geplanten blutigen Terroranschlag auf einen im Warschauer Kulturpalast abgehaltenen europäischen Kindergipfel zu vereiteln und damit ein Blutvergießen ungeahnten Ausmaßes zu verhindern?
Neben einer gewissen Komik bezüglich Namenswahl von Protagonisten (Josef und Maria; oder Namen der polnischer Krimikollegen Krajewski und Kotowski für Kommissare), den philosophischen Background (rund um die Lehren der katholische Kirche und das darin vermittelte Bild von Teufel und Hölle), kann man vor allem die detailgetreue Beschreibung der Schauplätze in Grin's Thriller hervorheben. Wie der Autor berichtet, hat sich die Arbeit an diesem Roman (2004 - 2007) vor allem aufgrund der vielen eigenen Reisen zu Detailrecherchezwecken verlängert. Wie man sehen und vor allem lesen kann ein Unterfangen, das sich wahrlich gelohnt hat!
Bibliographie:
Gaja Grzegorzewska:
Zniwiarz
Verlag EMG, 2006
215 Seiten
Gaja Grzegorzewska:
Noc z czwartku na niedziele
Verlag EMG, 2007
205 Seiten
Irek Grin:
Pan Szatan
Verlag Swiat Ksiazki, 2007
362 Seiten