‚Wer war der Täter?', während das warum seiner Tat zu einer beliebig austauschbaren Größe wird. Und gerade bei einem Mord in der Birthler-Behörde liegt es nahe, sich in der folgenden Geschichte mit den Folgen der DDR-Vergangenheit für Ostdeutsche zu beschäftigen. In "Karteileichen" hätte Lebek genau darüber mehr erzählen müssen, anstatt den Kommissar über den Golfplatz streunen zu lassen. Denn dieser noble Golfclub mit seinen Intrigen könne überall sein.
West Palm Beach, Florida, 95.000 Einwohner
Held: Nolan Garrett, Bodyguard
Palm Beach ist mit unter 100.000 Einwohnern fast eine Kleinstadt. Sogar der kleinste Berliner Bezirk hat mehr als doppelt so viele Einwohner. Aber genauso wie in Berlin die Grenzen zwischen den einzelnen Bezirken nicht sofort erkennbar sind, ist auch Südflorida ein ziemlich zusammenhängendes Gebiet von sich aneinanderreihenden Häusern, Wohnsiedlungen, Wasser und Sumpf, strukturiert von breiten Straßen.
Cindy Gerards Auftakt ihrer Bodyguard-Serie "Wer den Tod begrüßt" ist ein unterhaltsamer Thriller, versetzt mit einer zünftigen Liebesgeschichte zwischen einem muskelbepackten Bodyguard und seinem sehr gut aussehenden Schutzobjekt. Wer jetzt an das langatmige Costner/Houston-Vehikel "The Bodyguard" denkt, liegt nicht ganz falsch. Aber die Mischung ist bei Cindy Gerard wesentlich kurzweiliger.
Selfmade-Millionär Darin Kincaid ist besorgt um die Sicherheit seiner Tochter Jillian. Seit Wochen wird die attraktive TV-Journalistin von einem unbekannten Stalker belästigt. Kincaid beauftragt die Sicherheitsfirma E. D. E. N.. Diese schickt auf Kincaids Wunsch den ehemaligen Elitesoldaten Nolan Garrett als Bodyguard los. Nolan will der Millionärstochter Angst einjagen, sie so in den sicheren Schoss ihres Vaters zurückbefördern und dann seine Kriegsdepression weiter pflegen. Aber er hat nicht mit zwei Punkten gerechnet: schnell verliebt er sich in die gutaussehende Jillian Kincaid und sie ist eine selbstbewusste Frau. Sie will sich ihr Leben weder von einem Stalker noch von einem Bodyguard vorschreiben lassen. Aber die nächsten Anschläge des Stalkers belehren sie eines besseren. Sie und ihr Bodyguard müssen erkennen, dass der Stalker Jillian zuerst psychologisch terrorisieren und dann umbringen will. Nolan fragt sich immer öfter, ob er Jillian beschützen kann. Denn der Stalker scheint alles über Jillian zu wissen.
Cindy Gerards erster in Florida spielender Bodyguard-Roman ist ein unterhaltsamer Thriller, der gelungen romantische mit actionhaltigen Teilen mischt, ohne jemals vertrautes Erzählterrain zu verlassen.
Im Gegensatz zu dem bereits erwähnten "The Bodyguard" würzt Cindy Gerard ihre Geschichte mit spritzigen Wortgefechten zwischen Nolan und Jillian, die sich ihre gegenseitige Liebe lange nicht eingestehen können. Diese Liebesgeschichte erzählt Cindy Gerard in einem angenehm ironischen Tonfall, der gleichzeitig ihre Vergangenheit als Romantic-Autorin etwas durch den Kakao zieht.
Der unterhaltsame Thriller "Wer den Tod begrüßt" ist der gelungene Auftakt der Bodyguard-Serie. Bereits im Juni erscheint der zweite, düsterere Band "Wer das Feuer sucht".
Los Angeles, 3.887.000 Einwohner
Held: Michael Haller, Strafverteidiger
Unsere kleine Reise endet in der größten Stadt und mit dem umfangreichsten und besten Roman. Michael Connellys neuester Roman "The Lincoln Lawyer" ist ein weiterer Standalone von dem Autor der Harry Bosch-Romane.
Michael Haller übt seine Arbeit als Strafverteidiger vom Rücksitz eines Lincoln aus. So kann er in den verschiedenen Gerichtsgebäuden von Los Angeles seine Klienten verteidigen. Dabei weiß Haller, dessen Klienten normalerweise schuldig sind, nicht, ob er ein Anwalt für Verbrecher oder bereits ein verbrecherischer Anwalt ist. Er versucht nur den besten Deal für sie herauszuholen und die Fehler der Polizei für seine Klienten zu nutzen. Deshalb freut Haller sich über seinen neuesten Klienten, den Reichen Louis Ross Roulet. Roulet soll Regina Campo brutal zusammengeschlagen und fast ermordet haben. Er beteuert seine Unschuld und Michael Haller glaubt ihm. Endlich kann er einen unschuldigen Klienten verteidigen. Das Geld ist auch nicht zu verachten.
Haller glaubt einen einfachen Franchise-Fall, der ihm in den kommenden Monaten prächtige Einnahmen bescheren wird, zu haben. Da bemerkt er eine frappierende Ähnlichkeit zwischen Regina Campo und der vor zwei Jahren ermordeten Martha Renteria. Damals bewahrte Haller seinen Klienten Jesus Menendez, der trotz überwältigender Beweise seine Unschuld beteuerte, vor der Todeszelle. Jetzt vermutet Haller, dass sein Klient Roulet Renteria umbrachte und auch Campo töten wollte.
Haller beauftragt seinen Privatdetektiv Raul Lewin mit Ermittlungen. Kurz darauf wird er mit Hallers gestohlener Pistole umgebracht und Roulet sagt ihm, er habe die Tatwaffe.
In der Gerichtsverhandlung versucht Haller sich von dem Mordverdacht reinzuwaschen, die Unschuld seines früheren Klienten Menendez zu beweisen, einen Freispruch für Roulet in dem Vergewaltigungsfall zu erreichen und ihn als Mörder hinter Gitter zu bringen. Nebenbei will Haller unbedingt seine Lizenz als Anwalt behalten.
Mit seinem neuesten Buch "The Lincoln Lawyer" legt Michael Connelly die präzise Studie eines halbseidenen Strafverteidigers vor, dessen Leben plötzlich aus den geordneten Bahnen geworfen wird. Connelly erzählt diese Geschichte in seinem detailreichen Stil, bei dem wir mehr über Los Angeles und das dortige Justizsystem erfahren, als wir jemals wissen wollten. Dabei treibt Connelly die aus Hallers Perspektive erzählte Geschichte unerbittlich voran. Die vielen Dialoge steigern das Tempo von Hallers Geschichte zusätzlich.
"The Lincoln Lawyer" wurde für den diesjährigen Edgar als bester Kriminalroman nominiert. Allein das sagt schon genug über die Qualitäten von Connellys neuestem Buch aus.
Links & Bibliographie:
Ernst Solèr:
Staub im Feuer
Grafit Verlag
2006, 224 Seiten, 8.50 Euro
Homepage des Autors: www.ernstsoler.ch
Rolf Hülsebusch:
Nekropolis Cologne
Emons Verlag
2005, 192 Seiten, 9,00 Euro
Leo Valdorf:
Großstadtsumpf
Gmeiner Verlag
2006, 288 Seiten, 9,90 Euro
Homepage des Autors: www.leo-valdorf.de/index.htm
Hans Lebek:
Karteileichen
Gmeiner Verlag
2006, 336 Seiten, 9.90 Euro
Homepage des Autors: www.hans-lebek.de/
Cindy Gerard:
Wer den Tod begrüßt
Originaltitel: To the Edge, St. Martin Press, 2005
(übersetzt von Ingrid Klein)
Blanvalet Verlag
2006, 384 Seiten, 6.95 Euro
Homepage der Autorin: www.cindygerard.com
Interviews mit Cindy Gerard:
cora.de
Fallen Angels
www.writerspace.com
www.theromancereadersconnection.com
Bibliografie von Cindy Gerard:
steffis-buecherkiste.de
Michael Connelly:
The Lincoln Lawyer
Little, Brown and Company
2005, 416 Seiten, 24.90 Euro
Homepage des Autors: www.michaelconnelly.com