’s gleich drei Knaller: Lawrence Blocks "Abzocker" ("Grifter’s Game", 1961), Allan Guthries "Abschied ohne Küsse"("Kiss Her Goodbye", 2005) und "Flop" ("Bust", 2006) von Ken Bruen und Jason Starr. Jeder Band hat zwischen 220 und 290 Seiten und kostet 9,90 Euro. Richtig scharfer Stoff ist das: Wer da nicht zuschlägt, ist selber schuld.
Das Gleiche gilt für einen weiteren Roman Lawrence Blocks, der gerade in der hier schon häufiger gelobten Funny-Crimes-Edition des kleinen Berliner Shayol Verlags erschienen ist. "Verluste" (295 Seiten, 14,90 Euro), im Original bereits vor zehn Jahren unter dem lakonischen Titel "Everybody dies" erschienen, gehört in die große Matt-Scudder-Serie, mit der der 1938 in Buffalo, New York, geborene Autor seit mehr als 30 Jahren die amerikanische Gesellschaft porträtiert. Matt Scudder ist ein New Yorker Privatdetektiv, der nach exzessivem Trinken und dem Rausschmiss aus dem Polizeidienst sein Leben wieder im Griff hat. Das muss er auch, schließlich bekommt er es diesmal mit richtig harten Gangstern zu tun. Der Blutzoll ist hoch, doch neben dem Gemetzel werden die großen Fragen des Menschseins diskutiert: Schuld und Sühne, Freundschaft und Verrat ... "Verluste" liest sich so in vielerlei Beziehung gewinnbringend: als spannender Krimi, stimmig in der Schilderung von Zeit und Ort, aber auch als Musterbeispiel eleganter Erzählkunst, die stets geschmeidig bleibt.
Was man von Wolfgang Brenners "Bollinger und die Barbaren" (dtv, München 2008, 238 Seiten, 12,50 Euro) leider nicht behaupten kann. So sehr wir uns über "Bollinger und die Friseuse" (Krimitipp 07/2007) gefreut hatten, so sehr hat uns der zweite Roman um den im deutsch-französischen Grenzort Schauren gestrandeten Polizisten Felix Bollinger geärgert. Das beginnt schon bei den aufgesetzt wirkenden amourösen Abenteuern seines Protagonisten, denen Brenner (Jahrgang 1954) zu viel Platz einräumt. Was ebenfalls stört, ist der dozierende Tonfall, ohne den die historische Verankerung des neuen "Grenzfalls" um einen Toten in einer am Dorfrand abgebrannten Ruine nicht auszukommen scheint. Doch die größte Enttäuschung ist die fehlende Tiefenschärfe bei der Charakterisierung nicht nur der Nebenpersonen. Auch Bollingers eigentümliches Hin- und Herschwanken zwischen naserümpfendem Fremdeln und trotzigem Jetzt-erst-recht-Auftreten wirkt nicht wirklich glaubhaft. Einzig der überraschende Schluss versöhnt ein wenig durch seinen Witz.
Aufs Schönste gelungen ist hingegen Frank Göhres "Mo – Der Lebensroman des Friedrich Glauser" (Pendragon, Bielefeld 2008, 236 Seiten, 19,90 Euro). Einerseits gründlich recherchierte Biografie des bedeutendsten Kriminalschriftstellers deutscher Sprache, andererseits erfundene, nachempfundene und hinzugedichtete Literatur, die mit feinem Einfühlungsvermögen und in einer wunderbar poetischen Sprache von einem ergreifend traurigen Leben in Heimen, Gefängnissen und Irrenanstalten berichtet. Einem Leben übrigens, zu dessen Rekonstruktion Göhre nicht nur Friedrich Glausers (1896 – 1938) teils autobiografisch gefärbte Erzählungen und Romane zur Verfügung standen, sondern auch eine Vielzahl persönlicher Berichte, Briefe und Notizen. Und es schmälert den Wert des Buches in keinster Weise, dass der 64-jährige Hamburger aus seiner tiefen Zuneigung zum morphiumsüchtigen ("Mo") "Vater der deutschsprachigen Kriminalliteratur" kein Geheimnis macht. Um es kurz zu machen: Dieses Buch muss man gelesen haben.
Auch Joe Gores (Jahrgang 1931) hat einem Klassiker einen Roman gewidmet. Sein schon 1975 veröffentlichter, 1978 auf Deutsch als "Dashiell Hammetts letzter Fall" erschienener und jetzt neu aufgelegter "Hammett" (Unionsverlag, Zürich 2007, 317 Seiten, 9,90 Euro) ist jedoch weniger Biografie als Hommage an den Begründer des Hard-boiled-Romans. Schauplatz ist das San Francisco des Jahres 1928, eine Stadt, wie wir sie von Hammett (1894 – 1961) kennen: bestechlich, brutal, gewalttätig. Der ehemalige Pinkerton-Detektiv will künftig als Schriftsteller sein Geld verdienen. Die ersten "Black Mask"-Geschichten sind schon erschienen, und mit "Der Malteser-Falke" und "Rote Ernte" nähert sich der Schöpfer des Sam Spade seinem literarischen Durchbruch, da bittet ihn ein befreundeter Exkollege um Hilfe: Er soll im Auftrag eines städtischen "Reformkomitees" den Korruptionssumpf in Stadtverwaltung und Polizei aufdecken. Hammett, der die Stadt wie seine Westentasche kennt, lehnt ab, doch wenig später ist sein Freund tot. Keine Frage, dass der Ex-Pink wieder auf die Straße muss … Höchste Zeit, mal wieder zu den Klassikern zu greifen!
Lawrence Block:
Abzocker
Berlin, Rotbuch Verlag/Hard Case Crime, 2008
224 Seiten, 9.90 Euro
Allan Guthrie:
Abschied ohne Küsse
Berlin, Rotbuch Verlag/Hard Case Crime, 2008
288 Seiten, 9.90 Euro
Ken Bruen und Jason Starr:
Flop
Berlin, Rotbuch Verlag/Hard Case Crime, 2008
288 Seiten, 9.90 Euro
Lawrence Block:
Verluste
Berlin, Shayol Verlag 2008,
295 Seiten, 14.90 Euro
Wolfgang Brenner:
Bollinger und die Barbaren
München, DTV Verlag, 2008,
238 Seiten, 12.50 Euro
Frank Göhre:
Mo – Der Lebensroman des Friedrich Glauser
Bielefeld, Pendragon Verlag, 2008,
236 Seiten , 19.90 Euro.
Joe Gores:
Hammett
Zürich, Unionsverlag , 2007,
317 Seiten , 9.90 Euro.
Ulrich Kroegers Krimitipp
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