… Ohne Wenn und Aber: Norbert Horst, der im Hauptberuf als Kriminalhauptkommissar bei der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen arbeitet, schreibt die derzeit besten Polizeiromane in Deutschland.
Aus der sozialen und meteorologischen Kälte Deutschlands in die schwüle Hitze Indiens. Genauer: Auf den Basar einer Stadt im kolonialen Hindustan der vorletzten Jahrhundertwende, wo ein fetter, lüsterner und misanthropischer Polizeiinspektor namens Josaphat Peabody für Ruhe und Ordnung sorgen soll. In Patrick Bomans "Peabody beugt das Knie" (Zebu, Frankfurt 2006, 171 Seiten, 11 Euro) muss sich der übellaunige Diener der britischen Krone mit der Frage auseinandersetzen, warum in dem Trog eines gottesfürchtigen Färbermeisters der nachtblau gefärbte Rumpf eines Unbekannten schwimmt. Als bald darauf noch ein englischer Ingenieur zu Tode kommt, geraten die undurchsichtigen Geschäfte der korrupten Kolonialbürokratie ins Visier des schwergewichtigen Polizisten… Der vorliegende Roman ("Peabody met en genou en terre", 2003) ist der erste von bislang fünf Peabody-Romanen, von denen bislang erst ein weiterer ("Josaphat Peabody geht fischen") auf Deutsch erschienen ist. Noch ist der 1948 in Stockholm geborene und heute in Paris lebende Autor damit in Deutschland ein Geheimtipp. Das könnte sich aber bald ändern: Wer sich einmal das Vergnügen gönnte, in die skurrile, lebensprall und mit ganz speziellem Humor geschilderte Welt des Inspektor Peabody einzutauchen, wird mit Ungeduld weitere Übersetzungen erwarten.
Dass deutschsprachige Krimiautoren in Sachen Humor so ihre Schwierigkeiten haben, ist bekannt. Ausnahmen bestätigen die Regel: Wolf Haas fiele einem da ein mit seinem Brenner, auch Heinrich Steinfest vielleicht – doch das sind ja Österreicher. An Rhein und Elbe geht man dagegen zumeist bierernst zu Werke, wenn's um Mord und Totschlag geht. Dass man aber auch hierzulande haarsträubende Krimiplots mit bisweilen beißendem Wortwitz und brüllender Situationskomik verbinden kann, zeigt Jörg Juretzka. Der Schöpfer des stets mittellosen Privatdetektivs Kristof Kryszinski wird nicht umsonst gelegentlich mit unserem Hausgott Kinky Friedman verglichen. Als "Liebeserklärung an Leute, die in diesem Leben wohl nicht mehr auf einen grünen Zweig kommen werden", hat ein Kritiker mal die Krimis von Jörg Juretzka beschrieben. Umso mehr freut es uns, dass der 51-jährige Mülheimer am vergangenen Wochenende mit dem mit 10.000 Euro dotierten Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet wurde. Wir gratulieren herzlich und greifen mal wieder zu einem Kryszinski-Band, der gerade neu aufgelegt wurde: In "Sense" (Aufbau Taschenbuch, Berlin 2006, 239 Seiten, 7,95 Euro) soll dieser wunderbar abgefahrene Privatschnüffler mit dem notorischen Hang zu schnellen Schlitten und flotten Schnitten einen verschwundenden Spielautomatenkönig auftreiben. Das gelingt ihm auch – nur dass der Gesuchte jetzt tot in Kryszinskis Küche liegt, riecht mal wieder verdächtig nach jeder Menge Ärger…
Christina Bacher:
Art in Crime
Kalender für Kriminalliteratur 2007
Münster, Daedalus Verlag 2006,
159 Seiten, 9.80 Euro
Norbert Horst:
Blutskizzen
München, Golmann Verlag
2006,
381 Seiten, 7.95 Euro
Patrick Boman:
Peabody beugt das Knie.
Frankfurt, Zebu Verlag 2006.
171 Seiten, 11.00 Euro
Jörg Juretzka:
Sense.
Berlin, Aufbau Verlag 2006.
239 Seiten, 7.95 Euro
Ulrich Kroegers Krimitipp
Eine Kolumne