– ein Minenfeld für den unverbiegbaren Polizisten, dem ein schmieriger Staatsanwalt schon bald mit der Versetzung ins hinterste Provinznest droht, sollten Guarnaccias Ermittlungen gewisse Interessen gefährden …
"Der 13. Brief" (Grafit, Dortmund 2008, 345 Seiten, 9,95 Euro) lautet der Titel eines Krimierstlings, mit dem die 31-jährige Lucie Klassen aus Bad Pyrmont zu den schönsten Hoffnungen Anlass gibt. Schon das Setting hat es in sich: Eine gerade mal volljährig gewordene Aussteigerin hat keinen Bock auf das vom Papa verordnete Jurastudium in Münster und sucht stattdessen in Bochum Unterschlupf bei einem vierzigjährigen Macho, der seine Brötchen normalerweise als Schmuddelschnüffler mit der Bespitzelung untreuer Ehemänner verdient. Allerdings ist sein gegenwärtiger Fall von anderer Qualität: Ein Exkollege von der Kripo macht sich Sorgen, weil die beste Schulfreundin seiner Tochter sich mit einem Sprung aus dem Biologieraum umgebracht hat, ihre Klassenkameraden auf Fragen nach dem Wie und Warum aber mauern. Um herauszufinden, was an der Schule vorgeht, kommt die flippige Lila als "Undercoveragentin" gerade recht. Klassens Debüt hat Klasse: frech, flott und voller Tempo – so was bieten deutsche Krimis selten.
Relativ neu im Geschäft ist auch der Schotte Stuart MacBride, dessen dritter Roman um den Aberdeener Detective Sergeant Logan McRae ("Der erste Tropfen Blut", Goldmann Taschenbuch, München 2008, 507 Seiten, 8,95 Euro) jetzt auf Deutsch vorliegt. Dieser McRae ist kein strahlender Held, keiner, dem alles glatt und leicht von der Hand geht, eher ein Sisyphus im Kampf gegen den alltäglichen Irrsinn, ein Mann, der einem leid tun muss: zu viel Arbeit bei zu wenig Schlaf, dazu egomanische Vorgesetzte, maliziöse Anwälte und sensationsgeile Medien, eine nicht immer ganz unkomplizierte Freundin mit robusten Angewohnheiten und die stete Versuchung des Alkohols in einer abweisenden, von kalten Regenschauern gepeitschten Stadt. Ganz zu schweigen von dem, was die Menschen sich gegenseitig antun. Dem vor einem Klinikeingang verblutenden Pornodarsteller etwa, dem der Anus aufgerissen wurde. Oder den jungen Frauen, denen ein Serienvergewaltiger das Gesicht zerschneidet. Oder dem achtjährigen Sean, der plötzlich Amok läuft …
Wie MacBride hat auch Iain McDowall keinen Ort anzubieten, wo's in irgendeiner Weise gemütlich zugehen könnte. Im Gegenteil: Das öde Crowby, in dessen Armenvierteln schon Grundschüler eher lernen, "sich einen Joint zu drehen oder einen Eckladen auszurauben, als sich die Schuhbänder richtig zuzubinden", ist zwar ein fiktives Städtchen der englischen Midlands, deshalb aber nicht minder realistisch in der Schilderung von Verwahrlosung, Dummheit und Gewalt. So gerne Chief Inspector Jacobson und sein Adlatus Kerr hier auch Ordnung schaffen würden, im Grunde wissen sie um die Vergeblichkeit ihres Tuns, denn die Verhältnisse, sie sind nun mal nicht so. "Der perfekte Tod" (dtv, München 2008, 380 Seiten, 8,95 Euro) beginnt mit dem eher zufälligen, aber dennoch höchst unappetitlichen Exitus eines Kleindealers in einer trostlosen Hochhaussiedlung, dessen Grauen bald durch ein Verbrechen in den besseren Wohnvierteln am anderen Ende der Stadt in den Schatten gestellt wird: Ein vor dem Bankrott stehender Kleinunternehmer hat offenbar seine eigene Ehefrau und seine drei Kinder umgebracht und sich anschließend selbst aufgeknüpft …
Gianrico Carofiglio:
Reise in die Nacht
München, Goldmann Verlag, 2007
288 Seiten, 7,95 Euro
Gianrico Carofiglio:
In freiem Fall
München, Goldmann Verlag, 2008
224 Seiten, 7,95 Euro
Gianrico Carofiglio:
Das Gesetz der Ehre
München, Goldmann Verlag, 2008
271 Seiten, 19,95 Euro
Magdalen Nabb:
Vita Nuova
Zürich, Diogenes, 2008
321 Seiten, 19,90 Euro
Lucie Klassen:
Der 13. Brief
Dortmund, Grafit 2008
345 Seiten, 9,95 Euro
Stuart MacBride:
Der erste Tropfen Blut
München, Goldmann Taschenbuch, 2008,
507 Seiten, 8,95 Euro
Iain McDowall:
Der perfekte Tod
München, dtv, 2008,
380 Seiten, 8,95 Euro
Ulrich Kroegers Krimitipp
Eine Kolumne
Ein Service der Alligatorpapiere
im
NordPark
Verlag
Alfred Miersch
Klingelholl 53
42281 Wuppertal
Tel.:0202/51 10 89
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