… Erzählt wird aus den wechselnden Perspektiven dreier Hauptprotagonisten: Während ein korrupter Polizeifunktionär in der 1. Person berichtet und ein gescheiterter Anwalt den Leser in der Du-Form anspricht, kann ein jugendlicher Stricher über das von ihm Erlebte nur distanziert in der 3. Person reden. Immer wieder greift Peace zum Stilmittel der Repetition, um die Wucht subjektiver Erfahrung zu vermitteln, und zoomt das Geschehen ganz nah an den Leser heran. Dabei wird es – dies zur Warnung für zart Besaitete – sehr schmutzig und sehr blutig. Doch ist »1983« ebenso wie die anderen »Red Riding«-Bände keineswegs billiger Trash. Peace hat vielmehr die Vorgänge und Ermittlungspannen um den »Yorkshire Ripper«, der zwischen 1975 und 1980 mindestens 13 Frauen umgebracht hat, zu einem verstörenden Noir-Epos verarbeitet, das wie eine Röntgenaufnahme die Gewaltstrukturen in der englischen Gesellschaft jener Zeit durchleuchtet. Sein auch stilistisch Grenzen sprengendes Werk wurde unter anderem mit dem Deutschen Krimipreis und dem Grand Prix du Roman Noir ausgezeichnet. Außerdem wurde Peace (Jahrgang 1967) als bislang einziger Kriminalschriftsteller 2003 vom »Granta«-Magazin zum »Best of Young British Novelists« gekürt.

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Jede Menge Leichen gibt es auch in den an wilde Mangas erinnernden Actiongeschichten von Arimasa Osawa (Jahrgang 1956), der der Krimiwelt den »Hai von Shinjuku« geschenkt hat. Shinjuku, das ist das Herz der japanischen Hauptstadt Tokio, wo sich neben Konzernzentralen in gigantischen Wolkenkratzern und glitzernden Einkaufspalästen auch das größte und älteste Amüsierviertel Japans befindet. Und es ist das Revier von Kommissar Samejima, einem in der Polizeihierarchie unbeliebten Einzelgänger, den Streetgangs und Yakuza-Gangster ehrfurchtsvoll nur den »Hai« nennen, weil er sich kompromisslos mit Dealern, Zuhältern und Waffenhändlern anlegt. »Der Hai von Shinjuku – Rache auf Chinesisch« (Cass, Löhne 2007, 320 Seiten, 19,80 Euro) heißt der zweite ins Deutsche übersetzte und liebevoll mit Lesebändchen gestaltete Band der bislang neun Romane umfassenden Krimireihe, der im Februar auf Platz 6 der KrimiWelt-Bestenliste kletterte. Dieses Mal bekommt es der ebenso taffe wie unangepasste Sonderermittler mit dem organisierten Verbrechen Taiwans zu tun, das zu seinen Tokioter Kollegen beste Kontakte unterhält. So kommt ein Triadenchef auf die Idee, sich ausgerechnet in Tokio vor einem von ihm früher beschäftigten Killer zu verstecken, der ihm einen Verrat sehr, sehr übel genommen hat ... »Rache auf Chinesisch«, im Original (»Shinjuku zame 2 – Doku zaru«) 1991 in Tokio erschienen, ist Hard-boiled auf Japanisch. Schnell und schnörkellos, aber mit Sinn fürs Detail. Sehr zu empfehlen.

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Auch die dritte Neuerscheinung, die wir Ihnen dringendst ans Herz legen wollen, ist in diesem Monat ein Hardcover – sorry! Doch an Robert Littells »Die Söhne Abrahams« (Scherz, Frankfurt 2008, 348 Seiten, 17,90 Euro) führt für Liebhaber exzellenter Kriminalliteratur einfach kein Weg vorbei. In dem 2006 in New York unter dem Titel »Vicious Circle« erschienenen Roman des 73-jährigen Amerikaners geht es um einen der zentralen Konflikte unserer Zeit. Die Handlung spielt in der nahen Zukunft, ein israelisch-palästinensisches Friedensabkommen liegt in Washington unterschriftsreif auf dem Tisch, da entführt ein militanter Islamist einen rechtsextremen Rabbi – und beide wollen den Vertragsabschluss verhindern ... Littell schreibt nach Le Carré die vielleicht besten Spionageromane unserer Zeit. Überzeugen Sie sich!

Georges Simenon:
Maigret und Pietr der Lette

Zürich, Diogenes Verlag, 2008
192 Seiten, 9.00 Euro

David Peace:
1983
München, Liebeskind 2007,
511 Seiten, 22.00 Euro

Arimasa Osawa:
Der Hai von Shinjuku – Rache auf Chinesisch.
Löhne, Cass Verlag, 2007,
320 Seiten, 19.80 Euro

Robert Littell:
Die Söhne Abrahams
Frankfurt, Scherz, Verlag, 2007,
348 Seiten , 17.90 Euro.

Ulrich Kroegers Krimitipp
Eine Kolumne
Ein Service der Alligatorpapiere
im
NordPark Verlag
Alfred Miersch
Klingelholl 53
42281 Wuppertal
Tel.:0202/51 10 89

Kontakt

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Ulrich Kroegers erster Krimitipp erschien vor fünfeinhalb Jahren. Damals war in Bremerhaven Kriminalliteratur – zumindest in der Zeitung – kein Thema, und niemand dachte daran, eine auf Dauer angelegte Kolumne zu etablieren. Es kam zum Glück anders. Heute erscheint Ulrich Kroegers Krimitipp einmal im Monat im Sonntagsjournal der , dessen Redaktion wir für die Genehmigung zur Veröffentlichung und Archivierung bei den Alligatorpapieren danken. Zum Konzept der Kolumne gehört, dass auf Verrisse zugunsten von Leseempfehlungen verzichtet wird. Zudem beschränken sich die Besprechungen in der Regel auf Taschenbücher und Paperbacks, einer publizistischen Tradition des Kriminalromans folgend und eingedenk der begrenzten finanziellen Spielräume vieler Leser – nicht nur in einer von Arbeitslosigkeit gebeutelten Hafen- und Industriestadt.

Der Autor, Jahrgang 1956, Studium (Politologie, Sozialwissenschaften, Geschichte) in Braunschweig und Bremen, arbeitete als Produktionshelfer, Nachhilfelehrer, Sozialarbeiter und fristet seit zehn Jahren als freier Journalist und Redakteur sein Dasein. Er liebt die Küste, hört trinkt Scotch, spielt Mah Jongg und fiebert für Werder. Doch die meiste Freizeit verbringt er mit – na, Sie wissen schon!