– mit einer Kugel
im Kopf und einem Ticket
nach Tanger in der Tasche.
Doch sie kann sich an nichts
erinnern. Nicht einmal an ihren
Namen – die Nonnen
nennen sie deshalb wie die
erste Frau auf Erden: Eve. Als
ihre Beschützerinnen massakriert
werden, erkennt Eve,
dass sie sich einer immer
noch präsenten Gefahr stellen
muss. Die Fahrkarte nach
Marokko weist ihr den
Weg ...
Das Thema des Identitätsverlusts
ist nicht neu. Die
US-Nachwuchsautorin Jenny
Siler (Jahrgang 1971) verleiht
ihm jedoch eine besonders
düstere Note, verlagert die
Handlung an exotische
Schauplätze und weitet die
Geschichte zu einem internationalen
Spionagethriller aus.
Dass die mit viel Atmosphäre
aufgeladene Story nicht ganz
logisch endet, ist zu verzeihen.
Dazu ist sie zu gut erzählt.
Wer harte Kost angelsächsischer
Herkunft mag, ist mit
Declan Hughes' "Blut von
meinem Blut" (Rowohlt Taschenbuch,
Reinbek 2006,
411 Seiten, 8,90 Euro) gut bedient.
Einem echten Stück
Noirliteratur. Blutig, schmutzig,
illusionslos. Edward Loy,
vor 20 Jahren nach Amerika
ausgewandert, kehrt nach
dem Tod seiner Mutter auf
die Grüne Insel zurück.
Doch das Wiedersehen mit
Dublin bringt dem gescheiterten
Privatdetektiv kein
Glück: Ein scheinbar leichter
Auftrag, der ihm bei der Beerdigung
angetragen wird,
entpuppt sich bald als Einladung
zu einem Höllentrip.
Gewalt, Korruption und Verrat
halten die irische Hauptstadt
im Würgegriff, und Ed
muss als Einzelkämpfer gegen
das Verbrechen antreten ...
Das Krimidebüt ("The
Wrong Kind of Blood", 2006)
des in Irland populären Dramatikers
und Theaterregisseurs
ist nichts für Zartbesaitete.
Wer für knirschenden
Knorpel und spritzendes Blut
nichts übrig hat, sollte deshalb
die Finger von diesem
Buch lassen. Ansonsten erinnert
Edward Loy an seine
hartgesottenen Berufskollegen
der Schwarzen Serie:
Dashiell Hammetts und Raymond
Chandlers PIs lassen
grüßen.
Auch Ricardo Blanco verdient
sein Geld als Privatdetektiv.
Vom Geschrei der Möwen
abgesehen, hat sein Betätigungsfeld
auf den ersten
Blick jedoch nichts mit dem
Großstadtdschungel seiner
Hard-boiled-Kollegen zu tun:
Blanco ermittelt auf der Sonneninsel
Gran Canaria. In José
Luis Correas "Drei Wochen
im November" (Unionsverlag
UT-metro, Zürich
2006, 187 Seiten, 8,90 Euro)
kann der Leser dabei zusehen,
wie dem nur mäßig erfolgreichen
Schnüffler Fehler
unterlaufen, die einem Marlowe
oder Spade nie passiert
wären. Etwa, dem Charme einer
schönen Frau zu erliegen
und dabei den Überblick zu
verlieren.
Blancos neue Auftraggeberin
nämlich, eine reiche
Schönheit aus der Kanaren-
High-Society, die den Tod ihres
Verlobten untersucht sehen
möchte, hat es faustdick
hinter den Ohren. Und Blancos
Recherchen auf Barbecuefesten
und schicken Yachten
sind alles andere als ungefährlich ...
"Drei Wochen im November"
("Quince días de noviembre",
2003) ist der erste
Band einer Serie, dem hoffentlich
weitere folgen werden.
Nicht nur, weil der 1962
in Las Palmas geborene Universitätsprofessor
dem Krimigenre
neues geografisches
Terrain erschlossen hat. Sein
Roman überzeugt auch mit
intelligentem Handlungsaufbau,
eleganter Schreibe und
feinsinnigem Humor. Eine
Entdeckung.
Der Schluss gehört wie immer
einem Klassiker. Einem,
der sich in ganz besonderer
Weise der Hard-boiled-Tradition
verpflichtet fühlt, was
sich schon an der Wahl seines
Promotionsthemas
(Hammett, Chandler, Ross
Macdonald) und der posthumen
Vollendung eines
Chandler-Manuskripts
("Poodle Springs") zeigte.
Umso schlimmer, dass Robert
B. Parkers (Jahrgang 1932)
Romane nahezu vollständig
vom deutschen Buchmarkt
verschwunden sind. Dies gilt
nicht zuletzt für Parkers Serie
um den Bostoner Privatdetektiv
Spenser, deren 30.
Band "Widow’s Walk" (2002)
der Pendragon-Verlag jetzt
dankenswerterweise in deutscher
Übersetzung herausgebracht
hat. "Die blonde Witwe"
(Bielefeld 2006, 223 Seiten,
9,90 Euro) steht im Verdacht,
ihren wesentlich älteren,
schwerreichen Ehemann
umgebracht zu haben. Ihre
Anwältin beauftragt Spenser,
Klarheit in die Sache zu bringen.
Was er dann auch tut,
knallhart, cool und schlagfertig
wie immer. Mehr davon,
bitte!
Jenny Siler:
Ticket nach Tanger.
Frankfurt, Fischer Taschenbuch Frankfurt 2006,
315 Seiten, 7.95 Euro
Declan Hughes:
Blut von
meinem Blut
Reinbek, Rowohlt Taschenbuch
2006,
411 Seiten, 8.90 Euro
José
Luis Correa:
Noch eine Nacht.
Aus dem Spanischen von Susanna Mende
Zürich, Unionsverlag 2006.
UT-metro, 187 Seiten, 8.90 Euro
Robert
B. Parker:
Die blonde Witwe.
Bielefeld, Pendragon Verlag 2006.
223 Seiten, 9.90 Euro
Ulrich Kroegers Krimitipp
Eine Kolumne