Die Alligatorpapiere

Zielfahndung.

Stefan Lichtblaus sehr persönliche Betrachtungen eines Genres.



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  • Neues von der Wechselbörse

    2004 war das Schätzing-Jahr. Raunend kündigte sich zur Jahreswende 2003/2004 ein 1000-Seiter an, für den Schätzing den Verlag gewechselt hatte, um optimale PR- und Auslieferungs-Bedingungen zu bekommen und die Taschenbuchrechte waren schon verkauft, bevor das Hardcover auf dem Markt kam. Mehr als 400.000 Exemplare des schweren, spannenden Wälzers gingen weg und dann kam auch noch der Tsunami. Die Käufer der Taschenbuchlizenz reiben sich die Hände: das kann ja gar nicht schiefgehen. Da läßt sich der 2. Platz bei der diesjährigen Vergabe des Deutschen Krimi Preises natürlich leicht verschmerzen...

    Wo wir schon beim Händereiben sind. Das können nun die Verantwortlichen beim Piper Verlag ausgiebig tun. Dort hat man in den letzten beiden Jahren gezielt und geschickt deutsche Autoren gekauft. Heinrich Steinfest von Bastei geholt und mit seinem ersten paprotta-wahrheitBuch bei Piper "Ein sturer Hund" den dritten Platz beim Krimi Preis erzielt, nun erhält er ausgezeichnete Rezensionen für "Nervöse Fische". Und dann wird mit dem ersten Buch, das Astrid Paprotta bei Piper herausbrachte (nach dem Weggang von Eichborn), direkt der Deutsche Krimi Preis eingeheimst.
    Es scheint, als würde bei Piper zwar nicht gerade geklotzt, aber sehr gezielt ein ausgesuchtes, überschaubares Programm zusammengestellt. Gerade kommt der Überraschungserfolg aus dem Allgäu, "Milchgeld" von Volker Klüpfel und Michael Kobr, bei Piper heraus, dazu hat Wolfgang Burger nach mehreren Verlagsstationen den Piper Verlag zum Start seiner neuen Serie um Alexander Gerlach, den frischgebackenen Chef der Heidelberger Kriminalpolizei gewählt.

    Treu bleibt eine Autorin ihrem Verlag, eine Autorin, von der man lange nichts mehr gehört hat nach ihrem Erstling bei Grafit: Beate Sauer. Acht Jahre hat es bis zu ihrem zweiten Buch gedauert, das aber mit über 500 Seiten und einem ganz anderen Thema auch buchmalerinZeit brauchte. Dafür hat der Verlag nicht nur bei Sauers historischem Kriminalroman "Die Buchmalerin" die Aufmachung geändert. Grafit wirkt mit wenigen Veränderungen in der Buchgestaltung edler, strenger und klarer und ist sicher nicht nur gespannt wie das Aussehen, der erste historische Krimi und natürlich auch Horst Eckerts Neuling "617 Grad Celsius" ankommt.

    Historisch arbeitet Emons schon lange, tummelt sich in vielen Regionen. Inzwischen geht es auch in den Norden. Der erste Fall scheint gut eingeschlagen zu haben, nun kommt mit Hannes Nygards "Vom Himmel hoch" der zweite "Hinterm Deich Krimi".
    Eine neue Figur führt auch Alexandra von Grote mit dem Roman "Mord in der Rue St.Lazare" im Feburar bei einem anderen als dem bisherigen Verlag ein. Der Pariser Kommissar Maurice LaBréas hat seinen ersten Fall bei Knauer statt bei Fischer aufzuklären.

    Man sieht: der Markt wird beobachtet, es wird kontaktiert und munter gewechselt. Bastei Rieckhoff-Ummenhofer-morgengrauen-schatten.jpgholte sich einst Alicia Gimenez-Bartlett vom Unionsverlag, Leenders/Bay/Leenders wechselten von Grafit zu Rowohlt. Aber es geht auch in die Regionen und die Bereiche, die eigentlich tabu waren, zu den Selbst- und Druckkostenverlegern. Stefan Ummenhofer und Alexander Rieckhoff haben inzwischen drei Schwarzwaldkrimis geschrieben und regional verlegt und werden von Taschenbuchverlagen angesprochen, Roman Rausch wird vom Book on Demand-Selbstverleger zum Rowohlt-Autor. Michael Bressers und Martin Springenbergs Bresser-springenberg-schafe-und-killer.jpgRomane "Schweine & Schlächter" und "Schafe & Killer" um den westfälischen Privatermittler Dieter Nannen erscheinen ab Mai 2005 im "Ullstein Verlag".
    Ist das gut, ist das schlecht? Folgen die jungen/neuen Autoren dem Erfolgsmodell Berndorf, Ritzel im Kleinen und verlegen erst einmal mehr oder weniger regional? Sind diese Autoren in den Lektoraten unbemerkt durchgerutscht oder schicken junge Autoren ihre Manuskripte nicht mehr an Krimiverlage, sondern verlegen sich direkt selbst? Oder nähert der Buchmarkt sich dem Fußball und betrachtet die kleineren Verlage wie die Bundesliga kleinere Klubs als Ausbildungsreservoire?
    Naja, wir wollen nicht übertreiben, aber es ist doch eine interessante Entwicklung. Vielleicht auch bedenklich? Was wird, wenn regional erfolgreiche Autoren in den großen Verlagen nicht zünden? Zurück in die Region?
    Wir werden es beobachten ...

    Die persönlichen Betrachtungen werden bei Gelegenheit fortgesetzt.
    Natürlich bei den Alligatorpapieren.


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    Erstellt am 15.11.2004
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