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Der Autor:
Giorgio Scerbanenco, italienischer Autor und Journalist ukrainischer Abstammung, hat insgesamt vier Kriminalromane mit dem Arzt Duca Lamberti in der Hauptrolle geschrieben. "Das Mädchen aus Mailand" ist sein erster Kriminalroman. Zwischenzeitlich sind auch "Die Verratenen" und "Der lombardische Kurier" wieder neu aufgelegt worden.
Die Rezensentin:
Gisela Lehmer-Kerkloh
rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime sowie Amiga im Syndikat.
Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel.
Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag
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Mit "Das Mädchen aus Mailand" hat der Verlag Kremayr & Scheriau mit der Wiederauflage der in in den 60er Jahren sehr erfolgreichen Duca-Lamberti-Krimis des Italieners Giorgio Scerbanenco begonnen. Duca Lamberti, der wegen aktiver Sterbehilfe drei Jahre in Haft verbracht hat und dem deshalb die Approbation als Arzt entzogen worden ist, erhält den scheinbar harmlosen Auftrag, den 22-jährigen Davide, Sohn des vermögenden Ingenieurs Auseri, von seiner Alkoholabhängigkeit zu befreien. Dabei kommt er einem Mädchenhändlerring auf die Spur und bringt sich und andere in Gefahr.
Nach seiner Haftentlassung wandelt Duca Lamberti auf den Spuren seines verstorbenen Vaters, der als hartnäckiger Ermittler bei der Verfolgung der Mafia schwer verwundet worden ist. Kommissar Carrua, der ehemalige Vorgesetzte seines Vaters, vermittelt ihm eine Tätigkeit zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Lamberti soll den 22-jährigen Davide. Sohn des vermögenden Ingenieurs Auseri, von seiner Alkoholabhängigkeit befreien. Davide hat vor ungefähr einem Jahr aus für den Vater unbekannten Gründen begonnen, sich täglich systematisch zu betrinken.
Lamberti findet sehr schnell den Grund für Davides Alkoholsucht. Davide fühlt sich für den Tod der jungen Mailander Verkäuferin Alberta Radelli verantwortlich. Er hat das Mädchen vor einem Jahr in Mailand auf der Strasse angesprochen. Auf einer gemeinsamen Spritztour haben die beiden miteinander geschlafen. Davide hat ihr dafür 50.000 Lira gegeben. Der Bitte des Mädchens, sie mitzunehmen, hat Davide trotz ihrer Selbstmorddrohung nicht entsprochen. Einige Tage später erfuhr er aus der Zeitung, dass das Mädchen in unmittelbarer Nähe des Ortes, wo er sie abgesetzt hat, mit aufgeschnittenen Pulsadern aufgefunden worden ist.
Beim Studium der Polizeiakte über den angeblichen Selbstmord von Alberta Radelli stossen Kommissar Carrua und Lamberti auf einige Ungereimtheiten. Ein Minoxfilm, den Alberta in Davides Wagen zurückgelassen hat, führt Carrua und Lamberti zu einem zweiten Todesfall. Der Film enthält Fotos von Alberta und einem anderen Mädchen, das als Maurilia Abate identifiziert wird, in pornographischen Posen. Maurilia wurde vier Tage vor Albertas Tod aus dem Tiber bei Rom geborgen, vermutet wurde ein Unfall - Ertrinken beim Baden. Die weiteren polizeilichen Ermittlungen erbringen keine anderen Ergebnisse.
Daher beschliesst Lamberti gemeinsam mit Davide auf eigene Faust zu ermitteln. Zum einen erhofft er sich durch die Aufklärung die Heilung Davides von dessen Alkoholsucht und zum anderen vermutet er hinter den Taten einen organisierten Mädchenhandel der Mafia. Unterstützt werden sie von Livia Ussari, einer Freundin Albertas, die sich bereit erklärt, als Lockvogel zu dienen. Die drei lassen sich auf ein gefährliches Spiel ein.
Scerbanencos Werk lebt von dem sachlich kurzen und prägnanten Stil des gelernten Reporters, der auch vor brutaler und unverblümter Darstellung nicht zurückschreckt. Neben einem spannenden Krimi liefert Scerbanenco authentische und manchmal beklemmende Milieustudien über die gesellschaftliche Lage Italiens in den sechziger Jahren. So auf der einen Seite der Reichtum der Auseris und die Orientierungslosigkeit Davides, der früh sein Mutter verloren und keine Bindung zu anderen Menschen hat. Sein einziges Hobby ist seine Alfa Giuletta. Die pro forma Anstellung in einem Betrieb seines Vaters sichert sein Auskommen. Sein Vater sagt über ihn:
Seit er ein Auto hat, benutzt er es ausschlisslich, um allein über die Autobahn zu brausen. Das einzig Normale an ihm ist dieser Geschwindigkeitswahn. Früher oder später wird er sich zu Tode rasen, und damit wäre dann auch das Alkoholproblem gelöst.
Auf der anderen Seite steht die Schilderung der stark eingeschränkten Lebensumständen von Frauen, wie z.B. Lambertis alleinerziehender Schwester oder Alberta Radelli:
Seine Schwester Lorenza , die sich nun allein durchschlagen musste , hatte im Lauf der folgenden drei Jahre einen freundlichen Herrn kennen gelernt, der sich um sie kümmerte und sie tröstete, sie schwängerte und dann verschwand, nachdem er ihr mitgeteilt hatte, er sei verheiratet. Lorenza hatte ihn gefragt, ob ihm der Name Sara gefiele. Aus dem Gefängnis hatte er ihr sein Ja zukommen lassen. Alles von vorn bis hinten falsch.
Scerbanencos Werk ist aktuell geblieben. Dieses gilt auch für die Frage nach dem Wesen der weiblichen Prostitution, mit der sich Livia Ussuri befasst. Livia arbeitet gelegentlich als Prostituierte, wobei bei ihr im Gegensatz zu den beiden ermordeten Mädchen keine monetären Interessen im Vordergrund stehen.
� Gisela Lehmer-Kerkloh
Giorgio Scerbanenco:
Das Mädchen aus Mailand
(Originaltitel: "Venere Privata", Garzanti Editore, Mailand, 1966).
Aus dem Italienischen von Christina Rhein
Wien: Kremayr & Scheriau , 2001.
Geb., 255 Seiten, Euro 19,-
ISBN: 3-218-00695-3
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Giorgio Scerbanenco:
Das Mädchen aus Mailand
(Originaltitel: "Venere Privata", Garzanti Editore, Mailand, 1966).
Aus dem Italienischen von Christina Rhein
München: btb Verlag, 2003.
Taschenbuch, 256 Seiten, 11,8 x 18,7 cm, 8,00 Euro
ISBN: 3-442-72819-3
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