KrimiKurier No.24 Winter 2007 »Es schneite nicht. Es war lächerlich, noch enttäuscht zu sein, er, ein Mann jenseits der Fünfzig, weil an einem Weihnachtsmorgen kein Schnee fiel« Liebe Leser, Bekannte und Freunde, wieder einmal einige Anregungen für den weihnachtlichen Gabentisch. Und für alle, die nicht nur Krimis lesen, der Hinweis auf meine neue Kolumne Lesen mit Lehmer auf der Internetseite der Stadtbücherei Hamm. Dort gibt es viel mehr "Weihnachtslektüre", www.hamm.de Als Gastrezension bespricht die 10-jährige Sonja Kerkloh das Kinderhörbuch "Der geklaute Garten" von Gesine Schulz.
Ein Blick auf "Die Befragungen", den Fragebogen für deutsche und internationale Krimiautoren lohnt immer: www.alligatorpapiere.de/befragungindex.html. wünscht Gisela Lehmer-Kerkloh
Georges Simenon: Weihnachten mit Maigret. Zürich: Diogenes 1994. Kart., S. 97, 7.90 €. Ein ungewöhnlicher Maigret, in dem der Kommissar einen aktuellen und einen zurückliegenden Fall an einem Tag aufdeckt, dem 1. Weihnachtsfeiertag. Dafür verlässt er nur einmal seine Wohnung, um in das gegenüber liegende Wohnhaus zu gehen. Hier ist der kleinen, kranken Colette in der Heiligen Nacht der Weihnachtsmann erschienen. Eine Nachbarin macht sich große Sorgen, die Ziehmutter will das Geschehen herunterspielen, der Ziehvater ist auf Geschäftsreise. Wir erleben wieder einmal, wie perfekt des Meisters graue Zellen arbeiten und erhalten einen kleinen Einblick in das häusliche Leben von Madame und Monsieur Maigret. Ein hervorragender Maigret, bei Diogenes auch als Hörbuch erschienen. (Bestellen bei Missing Link)
Andreas Hoppert: Menschenraub. Dortmund: Grafit Verlag 2007, Kart., S. 253, 9.50 € Marc Hagen, Rechtsanwalt und nach allerlei Eskapaden noch immer ohne Lizenz (vgl. KK 6 Der Fall Helms), erhält von seiner Chefin Dr. Irene von Kleist den Auftrag, Peter Schlüter beizustehen. Als Schlüter nach dem Tod seines Vaters, eines ehemaligen in Bielefeld stadtbekannten Gymnasiallehrers, dessen Haus ausräumen will, entdeckt er auf dem Dachboden eine in Plastik verpackte Frauenleiche. Schlüter fürchtet um die Reputation seines verstorbenen Vaters und bittet Marc vor Benachrichtigung der Polizei Ermittlungen auf eigene Faust anzustellen. Dr. Irene von Kleist muss derweil die Familie ihrer Schwester moralisch unterstützen. Deren 16-jährige Adoptivtochter Daniela wird entführt und an ihre Eltern, ein Fabrikantenehepaar, eine hohe Lösegeldforderung gerichtet. Kriminaldirektorin Helena Baum, aus dem Düsseldorfer Innenministerium frisch nach Bielefeld versetzt und von ihren Kollegen nicht gerade mit offenen Armen empfangen, hegt Zweifel an der Entführungsversion. Wie schon in Zug um Zug (Grafit 2006) stellt Hoppert einmal mehr unter Beweis, dass er in sich schlüssige und spannende Geschichten konzipieren kann. Die Spannung in Menschenraub lebt von der kunstvollen Montage zweier Handlungsstränge mit verschiedenen Hauptakteuren, die am Schluss zusammengeführt werden. Hierbei gereicht es dem Buch auch zum Vorteil, dass Hoppert mit der Kriminaldirektorin einen neuen Charakter einführt und die Geschichte nicht nur auf den Rechtsanwalt Marc Hagen fokussiert. (Bestellen bei Missing Link)
Gesine Schulz:
Michael Dibin: Tod auf der Piazza. München: Wilhelm Goldmann Verlag 2006. Kart., S. 252, 7.95 € Erst wird der ungeliebte Eigentümer des Bologneser Fußballvereins erschossen, dann wird mit der gleichen Waffe auf den exzentrischen Semiotikprofessor Edgardo Ugo geschossen. Weitere Hauptpersonen und zeitweise Verdächtige sind der ständig zugekokste Sohn eines reichen Advokaten und sein aus armen Verhältnissen stammender und Semiotik studierender Mitbewohner sowie dessen sich illegal im Land aufhaltende Freundin. Dann gibt es noch einen singenden Fernsehkoch, der mit dem Semiotikprofessor ein Kochduell austragen will, weil dieser ihm des Nichtkochenkönnens bezichtigte. Weiterhin trifft man auf einen saufenden Privatdetektiv, der kein Fettnäpfchen auslässt und natürlich auf den Kommissar, Aurelio Zen, der die Verbrecherjagd lieber anderen überlässt. Bologna scheint dabei als großes Dorf, da sich alle Protagonisten ständig über den Weg laufen, um sich gegenseitig zu verwirren. Alles ist bei Dibin eigentlich genau so, wie es in dem nie geschriebenen Krimi des Semiotikprofessors zugehen sollte: ein Kriminalroman, in dem der Detektiv den Fall nicht löst. Mit anderen Worten, ganz viel Atmosphäre und eine gute örtliche Verankerung, aber keine Lösung, nur eine starke Schlusszeile. Dibins Buch jedenfalls ist ein sehr schnelles, einfallsreiches Buch, ein großes Lesevergnügen. (Bestellen bei Missing Link)
William C. Gordon: Der Tote im Smoking. Hamburg: Hoffmann und Campe 2007. Geb., S. 301, 19.95 € Samuel Hamilton ist Anzeigenverkäufer einer Zeitung in San Fransisco und träumt von einer Karriere als Journalist. Seine zweite Heimat ist die Bar Camelot, mit der klugen Wirtin Melba, ihrer schönen und unnahbaren Tochter Blanche und vielen skurrilen Besuchern. Auch der reiche und immer mit Smoking bekleidete Reginald Rockwood ist Stammgast im Camelot. Als er an den Folgen eines mysteriösen Unfalls stirbt, versucht Samuel Licht in Rockwoods Leben zu bringen. Dabei stößt er auf einige Ungereimtheiten. Mit Hilfe eines Staatsanwalts kommt der eigentlich schüchterne und gutgläubige Samuel einem illegalen Handel mit asiatischen Kunstgegenständen auf die Spur, in dem Rockwood verwickelt war. Seine Ermittlungen führen ihn immer tiefer in Chinatown, was einigen Bewohnern gar nicht gefällt. (Bestellen bei Missing Link)
Joe Gores: Hammett. Zürich: Unionsverlag Tb 405 2007. Kart., S. 318, 9.90 € Hammett ist die gelungene Hommage an Dashiell Hammett, geschrieben von Joe Gores, wie Hammett lange Jahre Privatdetektiv in San Francisco und Schriftsteller. Für diesen Krimi hat Gores viele Details aus Hammetts Leben genau recherchiert und die Atmosphäre der späten 20er Jahre in San Francisco überzeugend wiedergegeben. Erstmals veröffentlicht 1974 spielt es in San Francisco im Jahre 1928, nach Gore ein gutes Jahr für Hammet: "Sein Privatleben war stabilisiert, sein Gesundheitszustand verhältnismäßig gut; er hatte in diesen Tagen des Trinken unter Kontrolle, und seine Tage als Detektiv lagen nicht allzu weit in der Vergangenheit". Gore zeigt San Fransisco als eine korrupte Stadt, mit korrupten Politikern, Polizisten und Kriminellen, alles und jeder ist käuflich. Die Ausnahme ist Hammett, der nachdem er seine Karriere als Privatdetektiv beendet hat, nur noch ein anerkannte Schriftsteller werden will. Darum hat er auch zuerst kein offenes Ohr für seinen früheren Kollegen und Freund Vic Atkinson, der seine Hilfe bei der Aufdeckung eines Korruptionsfalles bei der Polizei benötigt. Als Vic kurz darauf mit eingeschlagenem Schädel neben den Bahngleisen gefunden wird, legt Hammett die Schriftstellerei zur Seite und begibt sich auf seinen persönlichen Rachefeldzug. Hammett ist die Vorlage des gleichnamigen Films von Wim Wenders. (Bestellen bei Missing Link)
Karl-Markus Gauß (Hg.): Literatur und Kritik. Österreichischer Krimi. Salzburg: Otto Müller Verlag 2007, Heft September 2007. Kart., S. 112, 6.80 € Für alle Freunde des österreichischen Krimis wird in der Septemberausgabe von Literatur und Kritik der Austria-Krimi in allen Facetten beleuchtet. Manfred Wieninger (Autor der Marek Miert Krimis) hat eine gut gelungene, unterhaltsame und informative Mischung zusammengestellt. Autoren wie Sabina Naber, Eva Rossmann, Pierre Emme, Erwin Riess, Stefan Slupetzky, Thomas Raab kommen ebenso zu Wort wie Journalisten, Germanisten und Kritiker wie Ingeborg Sperl, Susanne Rössler, Martin A. Hainz, Joe Rabl, Evelyne Polt-Heinzel, Thomas Wörtche und Gisela Lehmer-Kerkloh. (Bestellen bei Missing Link)
Thomas Raab: Bekenntnis. GAB Music/Edel. Texte und Musik Thomas Raab, Wildner Music Publishing. 1 CD, 16.99 - 21,18 € Thomas Raabs gelungenem Krimidebüt "der metzger muss nachsitzen" (Leykam 2007) ist jetzt die ebenso einfühlsame und lyrische CD "Bekenntnis" gefolgt. Mit kritischen und humorvollen Texten interpretiert er das Zeitgeschehen, egal ob es um Liebe, Armut oder ums Älterwerden geht. Auf dem von Raab selbst komponierten Album hört man Rocksongs, Balladen und Jazziges. (Bestellen bei Missing Link)
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