KrimiKurier No.16 Herbst 2005 "Die alten Schweine starben ...
Die jüngeren Schweine nahmen die Plätze der Helden ein"
Liebe Leser, Bekannte und Freunde, für alle Freunde des englischsprachigen Krimis bespricht in Originalversion Irene Keith-Folkers/Brüssel Maximum Bob des Altmeisters Elmore Leonard. Der von Thomas Przybilka und mir erdachte Fragebogen für deutsche und internationale Krimiautoren wächst ständig (abrufbar unter www.alligatorpapiere.de/befragung.html). Einen schönen Herbst wünscht Gisela Lehmer-Kerkloh
Der Engel der letzten Stunde Innsbruck, Wien: Haymon Verlag, 2005. Geb., S. 192, 17.90 € . Der im Sterben liegende Autohändler Kommerzialrat Schieder beauftragt Privatdetektiv Marek Miert nach einem verschwundenen 11jährigen Mädchen zu suchen. Obwohl sowohl Polizei als auch eine große Wiener Detektei das Mädchen erfolglos suchen, nimmt der seit seiner unehrenvollen Entlassung von der Polizei ständig in Geldnöten befindliche Miert das lukrative Angebot an. Bei seiner Suche trifft Miert auf die unangenehmen Seiten der österreichischen Provinzhauptstadt Harland, wie auf die populistische fremdenfeindliche "Österreich-Bewegung", auf seinen früheren militanten Polizeichef sowie auf Kinder missbrauchende Stiefväter und eine überforderte Lehrerschaft. Marek Miert ist der letzte Cowboy, ein selbstironischer Moralist im Dienste der Wahrheit und Gerechtigkeit. Er löst den Fall auf seine Weise und fährt am Ende mit einem illegalen albanischen Einwanderpaar und einem fremden Jungen dem Sonnenuntergang entgegen. Der Engel der letzten Stunden ist das dritte Buch um Wieningers sehr eigenwilligen und sympathischen Helden Marek Miert. (Bestellen bei Missing Link)
Der Feigling Frankfurt: Fischer Verlag, 2004. Kart., S. 416 S., Euro 8.90 € Jon Schierling alias Ansgar Rosmer hat zwei Leben gelebt – zuerst als Jurist im Justizministerium in der NS Zeit und nach dem Krieg als liberaler Rechtsgelehrter in der Bundesrepublik. Schierling stammt aus gutem Hause, der Vater Marineoffizier, die Mutter adliger Abstammung und eine herausragende Militaryreiterin. Die Generation der Väter ist absolut kaisertreu und trauert nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg der Regierung Seiner Majestät (SM) nach. Der willensschwache Schierling entscheidet nicht aktiv über sein Schicksal, sondern "lässt" entscheiden. So treibt es ihn in das Justizministerium, wo er an der nationalsozialistischen Rechtsetzung mitwirkt, und schließlich mit seinem Minister, Hans Frank (im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zum Tode verurteilt), in das Generalgouvernement nach Polen und Galizien. Er dient nicht wie sein Vater SM, sondern dem GG (Generalgouverneur) und verstrickt sich immer tiefer in die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Nach dem Krieg wird Jon Schierling zu Ansgar Rosmer. Dank der Hilfe alter Kameraden durchsteht er das Entnazifizierungsverfahren und kann sich in der Bundesrepublik etablieren. Jost Nolte hat sein Buch – eine Mischung aus Roman und Dokumentation – an den authentischen Fall des Literaturprofessors Hans Ernst Schneider angelehnt. Schneider war bei der SS in hervorgehobener Stellung und rechtfertigte durch den Germanenmythos die Eroberungskriege. Nach dem Krieg änderte er seine Identität und wurde als Hans Schwerte einer der profiliertesten deutschen Literaturprofessoren und brachte es bis zum Rektor der RWTH Aachen. Im Jahre 1995 wurde der unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und für seine Verdienste für die Beziehung mit den Beneluxstaaten (wo er 1940 bis 1942 auch für die Nazis im Einsatz war) geehrte Schwerte als Hans Ernst Schneider enttarnt. Das Buch bringt dem Leser die Situation der Elite aus der Kaiserzeit unter dem NS-Regime sehr nahe. Beängstigend ist wie Schierling, der die Bedrohung sehr deutlich erkennt und kein Sympathisant des NS-Herrenglaubens ist, immer tiefer in den Sumpf der NS-Verbrechen hineingerät. Dabei hat es nicht an Alternativen gefehlt und es werden auch Personen gezeigt, die sich erfolgreich dem Regime entziehen können. Ein Buch zum Nachdenken über individuelle Verantwortung und Schuld und zum Weiterforschen.. (Bestellen bei Missing Link)
Maximum Bob München:Mass Market Paperback, Dollar 7.50 For many years Elmore Leonard has been at the forefront of American Crime writing, vying with George V Higgins and James Lee Burke for the king of the genre. Elmore Leonard gives us a timeless observation of American culture. There is an existential framework to all his novels but he doesn't neglect characterisation. The characters are defined through action and so drive the plot. Narrative is all important to him, well paced and focused with a strong absurdist sense of humour. In Maximum Bob this is amply demonstrated, the characters are well rounded, funny and strangely weird! We are conveyed to the sunshine state of Florida. The Bob in question is a skirt-chasing Florida Judge, his nickname a reflection of the lengthy sentences handed out. Whilst Bob has his sights set on a pretty probation officer, a number of his previous victims are looking for payback. As the plot unfolds, with some bizarre twists, the villains find themselves standing in line ... ."There were no sounds now, not even insects ... She heard the judge say "Jesus Christ" in a whisper and saw the stunned expression in his eyes "Somebody�s trying to kill me". Maximum Bob a heartily funny read to liven up a gloomy autumn evening. Also by the same author Get Shorty and Freaky Deaky. (Bestellen bei Missing Link)
Tod einer Göttin Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch, 2005 Kart., S. 256, Euro 8.90 €. Jana Temple, die fast vergessene Göttin des deutschen Nachkriegsfilms, kehrt aus ihrer ruhigen Idylle am Genfer See nach Hamburg zurück. Jana fühlt sich bedroht, eine ihr ähnlich sehende Frau wurde ermordet. Sie vermutet die Ursache der Tat in ihrer Vergangenheit in Hamburg. In ihren Glanzzeiten mit Vera Lichtes Vater Gustav liiert, hofft sie auf Veras Hilfe bei ihrer Mission. Vera und Nick, der Freund des Hauses Licht sollen eine Gruppe von alten Leuten aufspüren und ihnen mysteriöse Briefe von Jana überbringen. Vera und Nick finden schnell heraus, dass die Briefe Schweigegelder enthalten. Doch seit Einzug der Göttin in das Hotel Vier Jahreszeiten häufen sich die Todesfälle bei alten Leuten. Vera und ihre Freunde versuchen Licht in Janas Vergangenheit zu bringen, die mit einer Gruppe verschleppter polnischer Zwangsarbeiter und einem Informanten verknüpft ist. Tod einer Göttin ist Carmen Korns drittes Buch um die "exzentrische Familie" der Vera Licht, mit dem ständig in Geldnot lebenden Fotographen Nick, dem treuen Polizisten Pit und der zuverlässigen Haushälterin Anna. Wie immer greift Carmen Korn brisante Themen auf, diesmal das Schicksal polnischer Zwangsarbeiter und Menschenversuche während des Dritten Reichs. Carmen Korn erhielt den Marlowe-Preis für die Kurzgeschichte "Tod in Harvestehude" und den "Friedrich-Glauser Preis" für die Kurzgeschichte "Unter Partisanen". (Bestellen bei Missing Link)
Jahrmarkt der Tiere Hamburg: Rotbuch, 2005. Geb., S. 143, Euro 17.90 €. Die Schweinebande des George Orwells (Farm der Tiere, 1945) ist noch am Ruder, aber die Machthaber werden langsam kraftlos. Und so kehrt Schneeball, nach verlorener Schlacht am Kuhstall vertrieben, zurück. Mit ihm halten die Gesetze der Marktwirtschaft – erst schleichend, aber unaufhaltsam � auf der Farm Einzug. Auf dem Weg zu Wohlstand und Glück für Alle verbünden sich die Farmtiere sogar mit ihren früheren Feinden, den Menschen. Die wirtschaftlichen Umwälzungen gipfeln in dem "Jahrmarkt der Tiere", einem ewigen Vergnügungszentren, das wie schon George Orwell sagte, darauf hinwirke "unsere Bewusstsein zu schwächen, die Neugier zu trüben und uns allgemein den Tieren anzugleichen". Auch bei John Reed bleibt den Tieren am Ende nur noch übrig, die gewonnene Zeit mit Tabak und Alkohol totzuschlagen. Aber die Waldtiere, allen voran, die konservativen Biber, die noch an die "alten Biberlehren" glauben, opponieren gegen die ständig mächtiger werdenden Farmtiere � bis hin zum gewaltigen Gegenschlag auf die Zwillingsmühlen der Farm. Jahrmarkt der Tiere ist eine gelungene, hochbrisante Satire über die Vorherrschaft/Dynamik einer global agierenden Marktwirtschaft, die Gefahren aufzeigt und nicht Allheillösungen präsentieren will. (Bestellen bei Missing Link)
Der Klosterwald Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Sonderausgabe, 2004 Kart., S. 347, Euro 6.00 €. Nach dreißig Jahren kehrt Felicitas Stern als neue Äbtissin des evangelischen Klosters in ihre Heimatstadt Möldenburg zurück. Als die verweste Leiche eines rumänischen Saisonarbeiters im Klosterwald gefunden wird, ist es mit der trügerischen Kleinstadtidylle vorbei. Für das Schicksal des Toten interessiert sich nicht nur eine junge Rumänin auf der Suche nach ihrem verschollenen Verlobten, sondern auch Judith Rehberg, die mit der Restauration der spätgotischen Wandmalereien im Kloster betraut ist. Der Rumäne arbeitete auf dem nahe gelegenen Gut Zechau und war den Honoratoren der Kleinstadt von teils illegalen Jagdausflügen nach Rumänien wohl bekannt. Durch ihre zentrale Stellung als Äbtissin wird Felicitas immer weiter in den Mordfall und in die Geschicke Möldenburgs verwickelt. Glaubhafter Krimi um die Kehrseite der Kleinstadtidylle. Wie schon in der Reihe mit der klugen Komödiantin Rosina, die im 18. Jahrhundert spielt, schildert Petra Oelker mit Felicitas Stern wieder die Entwicklung einer interessanten und starken Protagonistin. Die vorliegende Ausgabe ist als Sonderausgabe bei der Rowohlt – Reihe "Tatort Deutschland": 9 Regionen, 9 spektakuläre Verbrechen, – quer durch die Republik erschienen. (Bestellen bei Missing Link)
Der Tod ist kein Geschäft Regie Hans Knötzsch, Produktion 1962 Rundfunk der DDR, 2005. 1 CD, Gesamtdauer 43 Minuten, 2004 by Hörwerk Leipzig, Euro 12.95 €. Zwei rivalisierende Banden kämpfen um das Monopol in der Vergnügungsstadt Las Vegas. Prostitution, Glücksspiel, Schmiergeldzahlungen und Korruption sind Tagesordnung und auch der Polizeichef spielt eine undurchsichtige Rolle. Wer zwischen die Fronten gerät ist der Willkür beider Seiten vollkommen ausgeliefert, wie Lieutanant Brandon erfahren muss. Das Kriminalhörspiel spielt im Amerika der 20er Jahre und deutet auf Parallelen bei der Wahl der Mittel zwischen Unterwelt und Regierung hin. Der DDR-Dramatiker Heiner Müller schrieb seinen einzigen Hörfunk-Krimi 1961, als er gerade aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen worden war unter dem Pseudonym Max Messer (Macki Messer aus der Dreigroschenoper lässt grüßen). Zwischen 1962 und 1970 wurde es 10 mal gesendet und hat auch heute nichts von seinem ehrlichen, rauen Charme verloren. (Bestellen bei Missing Link)
Der Schatz München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2005 Kart., S. 233, Euro 14.00 €. Der junge und noch unerfahrene Journalist Michael Bellow einer Berliner Tageszeitung wird als Berichterstatter nach Bagdad geschickt. Der Krieg ist gerade vorbei, Saddam Hussein ist noch nicht gefunden, es gibt nur vereinzelte Terroranschläge. Journalisten aus aller Welt langweilen sich im heißen und schmutzigen Bagdad. Eine große Enthüllungsstory scheint gefunden zu sein, als Bellow und sein französischen Kollegen Phillippe ein konspiratives Gespräch zwei deutscher Männer in einem türkischen Schwitzbad belauscht. Eine deutsche Hilfsorganisation, die ein Krankenhausprojekt weitab von Bagdad finanziert, gerät in den Verdacht geraubte irakische Kulturgüter ins Ausland zu schmuggeln. Als kurz darauf, einer der beiden Männer ermordet aufgefunden wird, machen sich Bellow und Phillippe auf die Suche nach dem Krankenhausprojekt. Es liegt in einem von den Amerikanern streng abgeriegelten Sperrgebiet, in dem sich angeblich die Keimzellen des Terrorismus befinden. Below und Philippe stoßen auf Mitarbeiter des CNN, die auch auf der Suche nach den verschwundenen Kulturgütern sind. Bald bekommen es die Journalisten nicht nur mit den Bewohnern des Sperrgebiets zu tun. Die Hilfsorganisation setzt Killer auf sie an und scheint mächtige Freunde in der US-Army zu haben. Spannender Krimi um den Alltag von Kriegsberichterstattern und den Raub von Kulturgütern in Kriegszeiten. (Bestellen bei Missing Link)
Der Heldenmacher. Ein kurstädtisches Gaunerstück Frankfurt/M: Societäts-Verlag , 2005. Geb., S. 232, Euro 17.90 €. Der Aufstieg des gescheiterten Schauspielers Hagen vom Animateur bei Kindergeburtstagen zum "Heldenmacher" ist unaufhaltsam. Er hilft verliebten Männern, in den Augen ihrer Wunschfrau zum Helden zu werden, die Liebesnacht ist dann meist vorprogrammiert. Dafür spielt er den Trottel, lässt sich beschimpfen und verprügeln. Als er bei Ausübung seines Gewerbes auf einen der führenden Köpfe des Müllunternehmens Battenberg trifft, gerät die Geschäftsidee aus den Fugen. Das Zielobjekt ist seine frühere Mitschülerin Susanne, die den Spielregeln zuwider Hagen zu ihrem Helden macht. Der zum Helden avancierte Heldenmacher wird zum Spielball in einem knallharten Deal, bis es ihm endlich gelingt aus der Heldenrolle zu schlüpfen. Doch dann kommt sein Coup: er verhindert eine Entführung und plant die Wiedervereinigung von Mainz und Mainz-Kastel. Witzig, temporeicher Krimi mit vielen skurrilen Randfiguren, wie "Gott", dem Kneipenwirt, oder "der Seewolf" als Besitzer einer homosexuellen Nachtclubs. (Bestellen bei Missing Link)
Deutsche Leuchtfeuer Bielefeld: Delius-Klasing Verlag , 2005. Geb., S. 168, 304 Farbfotos, Format 23,5 x 31,5 cm, Euro 34,90 €. Leuchttürme, Sinnbild für Standhaftigkeit und Schutz in stürmischer See, aber auch Spannung und Abenteuer. Wind und Wellen umtost trotzen sie der See und verleiten zum Sinnieren und Träumen. Einzigartig auf dem deutschen Markt werden in "Deutsche Leuchtfeuer" alle Leuchttürme an den Mündungen von Ems, Weser, Jade und Elbe, auf den Ostfriesischen Inseln, an der Nord- und Ostseeküste Schleswig-Holsteins und der Küste Mecklenburg-Vorpommerns in 304 zum Teil doppelseitigen Farbfotos portraitiert. Details Entstehungsgeschichte, Architektur und Funktionsweise machen den schönen Bildband zur Fundgrube nicht nur aller Seebegeisterten. Die Autoren gehören zum Gründerkreis der Interessengemeinschaft Seezeichen e.V., die sich für den Erhalt der deutschen Leuchtfeuer einsetzt. (Bestellen bei Missing Link)
Bielefeld: Delius-Klasing Verlag; Edition Maritim, 2005. 13 farbige Blätter mit Bilderlaeuterungen. Grossformat 47 x 45 cm. Euro 19.90 €. Einen besonderen Augenschmaus bietet der Wandkalender Leuchttürme 2006, der die architektonischen Meisterwerke, diesmal weltweit, in Wort und Bild festhält. (Bestellen bei Missing Link)
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